Schadensersatzansprüche und Minderungsrechte von Mietern
1. Allgemein:
Der Vermieter ist verpflichtet die Mietsache zu erhalten und ihren Gebrauch während der Mietzeit zu gewähren. Erfüllt er diese Pflichten nicht, nicht rechtzeitig oder schlecht, d.h. nicht im vertraglich geschuldeten Umfang, kann der Mieter von ihm deren Erfüllung verlangen. Soweit die Leistungsstörung auf Mängeln beruht, stehen dem Mieter daneben regelmäßig die Rechte der Minderung und des Schadensersatzes zu. Grundsätzlich gehen die Gewährleistungsvorschriften nach der Überlassung der Mietsache als abschließende Sonderregelungen den allgemeinen Vorschriften des BGB vor. Ein Sachmangel der Mietsache ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen („Ist-“) Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten („Soll-“) Zustand.
2. Checkliste Sachmangel:
1. Soll-Zustand
a. Mietvertrag
b. Stillschweigende Einigung
c. Auslegung der Vereinbarungen
2. Ist-Zustand (Abweichung)
3. Nachweisbarkeit: z.B. durch Übergabe- Abnahmeprotokolle, Gutachten, Atteste, behördliche Bescheide, Fotos, Bautagebuch, Zeugen, Augenschein etc.
In vielen Mietverträgen befinden sich zudem entgegenstehende Klauseln, die Ansprüche von Mietern ausschließen (häufig sind diese Klauseln jedoch von Gerichten bereits für unwirksam erklärt worden). Die Mieter sind sich daher oft im Unklaren darüber, ob sie einen Anspruch auf Erfüllung oder einen Anspruch auf Schadensersatz haben, oder ob sie ggf. zur Minderung des Mietzinses berechtigt sind und falls ja, in welcher Höhe. Diesbezüglich kommt es immer auf den Einzelfall an. Nachfolgende Urteile können dementsprechend lediglich eine „Richtlinie“ für private als auch gewerbliche Mietverhältnisse geben:
4. Privates Mietverhältnis:
a. Ein Sturz im dunklen Treppenhaus wegen zu kurzer Beleuchtungsphase kann zu Schadensersatzansprüchen gegen den Vermieter führen (OLG Koblenz, Az.: 51 U 324/95).
b. Mieter können die Beseitigung von unschönen Graffiti verlangen, welche einen verunstalteten und verwahrlosenden Eindruck der Mietsache erwecken (AG Charlottenburg, Az.: 233 C 47/06).
c. Schadensersatz wegen Schimmelbildung: Das Aufstellen von Möbeln an der Außenwand muss möglich sein. Werden die Möbel vom Schimmel beschädigt, muss der Vermieter u.U. Schadensersatz leisten (LG Mannheim, Az.: 4 S 62/06).
d. Es besteht ein Schmerzensgeldanspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter, wenn sich dieser aufgrund einer mangelhaften Treppenhausreinigung verletzt (OLG Hamm, Az.: 27 U 50/01).
e. Störende Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück berechtigen ebenfalls zur Mietminderung (AG Regensburg, Az.: 4C 275/91: in Höhe von 20 %).
f. Ist der neue Pkw des Mieters zu groß für den angemieteten Tiefgaragenstellplatz besteht trotzdem eine Mietzinszahlungsverpflichtung des Mieters (AG München, Az.: 423 C 11099/07).
g. Ständige Störungen der Nachtruhe durch Mietmieter berechtigen ebenfalls zur Mietminderung (AG Kerpen, Az.: 3 C 181/83: in Höhe von 20 %).
h. Die Ausübung der Prostitution in einer Nachbarwohnung kann den beeinträchtigten Mieter zu einer Mietminderung in Höhe von 20 % berechtigen.
5. Gewerbliches Mieteverhältnis:
a. Der Mieter einer Gaststätte kann den Mietzins bis auf null mindern, wenn die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis wegen der Nichteinhaltung der Schallschutzbestimmungen untersagt wird.
b. Das Dach einer neu erstellten Lager- und Produktionshalle muss auch ohne ausdrückliche Vereinbarung „absolut Wasserdicht“ sein und selbst heftigen Regenfällen bei zugleich starkem Wind standhalten (BGH, Az.: VII ZR 403/98).
c. Zu hohe Raumtemperaturen in einem Büro stellen einen zur Mietminderung berechtigten Mangel dar.
d. Ein Einbruch in die Geschäftsräume wegen baulicher Mängel kann zu Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Vermieter führen (BGH, Az.: XII ZR 34/04).
e. Kenntnis von Gebäudemängeln vor Vertragsabschluss: Es besteht diesbezüglich keine Erkundigungspflicht des Mieters. Der Mieter kann bei festgestellten Mängeln eine Mietminderung geltend machen bzw. die Beseitigung der Mängel verlangen. (BGH, Az.: XII ZR 139/05).
f. Die Qualität und Quantität des Besucherverkehrs von Mitmietern können einen Mangel eines Mietobjektes – z.B. bei exklusiven Büroräumen – darstellen (OLG Stuttgart, Az.: 13 U 51/2006).